Nicht nur in akuten Krisenzeiten ist Solidarität ein Instrument, mit dem wir uns in einer Gesellschaft gegenseitig unterstützen können. Aber selten wurde so viel über die verschiedenen Formen von Solidarität diskutiert, wie jetzt gerade. Egal, ob es um solidarisches Verhalten geht, um uns gegenseitig vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus zu schützen oder um Solidarität mit Menschen, deren Freiheit und Leben von Rassismus und rassistischen Strukturen eingeschränkt und bedroht sind, wie bei der Black Lives Matter Bewegung. Aber wie funktioniert Solidarität überhaupt? Und wie leben wir Solidarität zum Beispiel im Digitalen?
Weil die Corona-Pandemie gerade verhindert, dass wir gemeinsam an einem Tisch sitzen und darüber diskutieren, haben wir uns in dieser Folge Sprachnachrichten von Menschen schicken lassen, die sich gerade jetzt mit dem Thema Solidarität beschäftigen. Die erste Nachricht kommt von
Emilene Wopana Mudiumu. Sie ist eine Schwarze Aktivistin, Poetin, Antirassismus-Trainerin und Leiterin des Kingz Corner, das ist ein musikalisches Jugendprojekt in Aachen. Sie weist auf die Themen performative Solidarität und Nachhaltigkeit hin. Also darauf, auch dann weiter solidarisch zu handeln, wenn keine Hashtags und Kacheln mehr in den Social Media Kanälen auftauchen. Ihr findet Emilene Wopana Mudimu auch auf dem Kanal von „Erklärmirmal“:
Frank Joung ist ebenfalls Podcaster. Sein Projekt „Halbe Katoffl“ finanziert sich ohnehin schon solidarisch, nämlich durch spenden. „Halbe Katoffl“ war der erste Podcast in Deutschland mit einem Fokus auf migrantische Lebensperspektiven. Als jüngst eine große Plattform sein Podcast-Konzept kopiert hat, bekommt er viel emotionale Unterstützung in den sozialen Netzwerken, aber auch neue Abonnent:innen, die mit ihrer dauerhaften Unterstützung ihre Solidarität mit dem Original – und mit Frank natürlich – ausdrücken wollen. Und auch als er rassistisch motivierten Hass erfährt, steht ihm die Community digital bei. Aber eben nicht nur dort.
Rita und Nora sprechen darüber, was unser Handeln solidarisch macht, warum es dabei auch um die Themen Freiheit und Macht geht und wie der digitale Raum mit seinen Bestätigungsmechanismen da rein spielt.
An dieser Stelle schon mal großen Dank an Frank und Emilene Wopana für ihr Vertrauen und die wertvollen Beiträge aus dem wirklich wahren – und digitalen Leben.
Rassismus und weiße Privilegien
Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Rita und Nora haben einen Hinweis erhalten, dass Sie in Ihrer Episode „Einladung zum Zuhören“ als Reaktion auf die Black Lives Matter Proteste zwar ein Angebot gemacht haben, aber eines, das sich vor allem an weiße Hörer:innen richtet. Schwarze Hörer:innen haben sie dabei nicht mitgedacht. Ein Grund, da mal genauer hinzusehen und sich mit Weißsein und Rassismus auseinanderzusetzen. Der Hinweis kam von Natalie Ofori, Kulturwissenschaftlerin und Schwarz. An der Stelle ganz herzlichen Dank dafür! Denn, ja, sie hat mit ihrer Kritik völlig Recht. Wir haben zwar all jene eingeladen, sich mit Rassismus zu beschäftigen, die das bislang nicht getan haben. Aber das exkludiert Schwarze Hörer:innen, die sich vielleicht an der Stelle ein anderes Angebot gewünscht hätten. Denn für sie ist Rassismus nichts, womit man sich unbedingt mal beschäftigen muss, sondern Alltag. Warum hatten wir das nicht auf dem Schirm? Eine Frage, die wir uns dringend stellen müssen. Dabei hilft uns Josephine Apraku. Sie hat auf Instagram die Challenge #KritischeWeiß_heiten ins Leben gerufen. Dort stellt sie zwischen dem 6. Juni und dem 6. Juli 2020 jeden Tag eine Frage zum Thema Rassismuskritik und weiße Privilegien. Die Mitgründerin des Instituts für diskriminierungsfreie Bildung (IDB) Berlin, hat uns aus ihren vielen Fragen sechs ausgewählt, die wir in dieser Podcast-Folge besprechen wollen.
Das sind ihre Fragen:
Disclaimer: In einer Stunde können wir natürlich nicht alle Aspekte, die mit Rassismus zusammenhängen, besprechen. Es ist ein Anfang. Das Angebot richtet sich vor allem an weiße Hörer:innen, die sich bislang noch nicht so intensiv mit Rassismus und kritischem Weißsein auseinandergesetzt haben. Grundsätzlich wollen wir aber natürlich niemanden ausschließen. Wir können uns aber vorstellen, dass es für Schwarze Hörer:innen anstrengend und nervig ist, wenn wir als weiße Frauen darüber sprechen, wie wir etwas verhandeln, das für sie schon immer zum Alltag gehört.
Wir hatten uns eigentlich ein anderes Thema vorgenommen. Aber angesichts des Mordes an George Floyd und der Lage in den USA, aber auch angesichts dessen, was Schwarze Menschen in Deutschland Tag für Tag an Rassismus und Diskriminierung erleben, scheint uns das einfach alles zu banal. Denn wir, Rita und Nora, sind zwei weiße Frauen. Wiewohl es gute, weiße Rassismusforscherinnen gibt, wie Rita anmerkt, nur sie selber ist eben keine – weshalb sie an dieser Stelle als weiße Wissenschaftlerin eben nicht das Wort ergreifen möchte. Das Thema Rassismus ist uns aber so wichtig, dass wir an dieser Stelle eine Einladung aussprechen wollen: Wir schenken euch die Stunde, die ihr damit verbringen würdet uns zuzuhören und laden euch ein, stattdessen Podcasts oder Hörbücher von und mit Schwarzen Menschen zu hören. Hier sind unsere Vorschläge:
Das hier ist nur ein Startpunkt, um sich mit der Thematik zu beschäftigen. Wir haben absichtlich nur einige wenige ausgesucht, damit diejenigen, die sich bislang noch nicht intensiver mit der Thematik auseinandergesetzt haben, nicht aus einem riesigen Angebot auswählen müssen. Es gibt allerdings noch viele, viele weitere Menschen und auch Podcasts, die sich intensiv mit dem Thema Rassismus beschäftigen. Ihr findet zahlreiche Hinweise auf Plattformen wie Twitter und instagram. Aber auch bei den vorgestellten Initiativen.