Was ist eigentlich Anerkennung und was macht sie mit uns und anderen? Und ja, Macht ist hier durchaus auch als Substantiv enthalten. Denn das Vorenthalten von Anerkennung ist ein Herrschaftsinstrument. Das zu wissen und entsprechend zu berücksichtigen, kann in Konfliktsituationen hilfreich sein. Aber auch uns selbst gegenüber brauchen wir Anerkennung als Werkzeug.
Für viele Menschen ist Anerkennung positiv konnotiert. Das hat etwas Lobendes und Wertschätzendes. Aber ist das nicht eigentlich schon einen Schritt zu weit gedacht? Ist Anerkennung nicht erstmal der Moment, in dem wir eine Tatsache als solche zur gemeinsamen Basis eines Diskurses erklären? Das müssen wir noch nicht mal gut finden. Das kann sogar sehr schmerzhaft sein. Eine Art: Ja, ich erkenne an, dass das für dich eine Realität ist. Oder auch: Ja, ich erkenne an, dass das für uns eine Realität ist. Im Hier und Jetzt. In unserem Miteinander. Aber auch in und mit uns selber. Zum Beispiel, wenn sich unser Körper verändert – wodurch auch immer. Eine Form der Akzeptanz. Aber immer auch: ein Prozess. Auf den wir euch in diesem Gespräch mitnehmen wollen.
Jedes Leben ist beständig im Wandel, ob wir das jetzt wollen oder nicht. An manchen Stellen erleben wir aber auch Bruchlinien. Manches davon sieht nur von außen aus wie ein plötzliches Ereignis. Manches davon tritt plötzlich in unser Leben und reißt Stücke heraus. Und manchmal wünschen wir uns, ein Bruch sorgt möge dafür sorgen, dass wir rauskommen aus unserem Alltagstrott, dass wir uns nochmal völlig neu erfinden können. Von all diesen Brüchen und Wandlungen handelt diese Podcastfolge.
Wo habt ihr in eurem Leben Brüche und Wandlugen erlebt? Wie seid ihr damit umgegangen? Welche Brüche habt ihr selbst herbeigeführt und wo hat euch das Leben herausgefordert?
„Seit Jahrtausenden ist der Grundriß der menschlichen Existenz geprägt gewesen durch die in Arbeit, Kampf, Liebe, Spiel und Tod sich meldende Endlichkeit.“ (Fink 1989: 46)
„Die Phänomenologie einer gebrochenen Erfahrung gruppiert sich um zwei Leitmotive, die sich als Pathos und Diastase bezeichnen lassen. Das alte Wort Pathos verweist auf Widerfahrnisse, die uns zustoßen, uns zuvorkommen, uns anrühren und verletzen, keine Grundschicht also, sondern ein Geschehen, in das wir wohl oder übel und auf immer verwickelt sind. Das seltenere Wort Diastase bezeichnet die Gestaltungskraft der Erfahrung, die etwas oder jemanden entstehen läßt, indem sie auseinandertritt, sich zerteilt, zerspringt. (…) Die beiden Leitmotive widersetzen sich aber nicht nur der Annahme einer letztlich fugenlosen Ordnung, sie stehen auch im Gegensatz zu bestimmten Binsenweisheiten der modernen Philosophie.“ (Waldenfels 2002: 9) [„Binsenweisheiten“ hier: Autonomie des Subjekts und Vernunftdenken in Gestalt der Synthesis allein, RM]
Wir leben in Zeiten des Wandels. Wobei, wann haben wir das eigentlich nicht getan? Und doch gab es Zeiten, die uns weniger aufregend, weniger aufwühlend erschienen sind. Was machen wir also damit, dass sich ständig alles wandelt – und damit auch wir im ständigen Wandel sind?
Panta Rhei – alles fließt – sagte schon Heraklit, der alte Grieche. Man steigt halt niemals zweimal in denselben Fluss. Oder doch? Was ist es eigentlich, das sich wandelt und gibt es dabei nicht doch auch Dinge, die unveränderlich sind? Fest steht: Wandel ist bisweilen ganz schön anstrengend. Und auch Nora und Rita haben dabei auch immer mal wieder so ein „wäh, wäh, wäh“-Gefühl. Eine innerliche Bockigkeit, die keinen Bock hat, dass sich schon wieder alles verändert. Oder verändern muss. Manchmal sogar radikal. Auch, weil Wandel nie nur eine Veränderung nach sich zieht, sondern eine Vielzahl von Veränderungen. Und – Achtung – ihr werdet einen völlig neuen Blick auf das Wort „Verwesung“ bekommen.
Können wir das Leben üben? Eine vermeintlich simple Frage, auf die sicher viele eine spontane Antwort haben. Und über die man trotzdem unglaublich lange sprechen kann. Denn natürlich hängt die Antwort auch davon ab, was wir denn eigentlich unter Leben verstehen. Welche Ziele wir haben. Und woran wir zum Beispiel ein gelingendes Leben festmachen. Wobei: Wann gelingt denn Leben eigentlich? Ihr merkt schon, das wird wieder eine wilde Gedankenreise in der „Was denkst du denn“-Denkschule.
Im Grunde wissen wir das alle: Menschen sind nicht unkaputtbar. Und trotzdem laufen viele von uns mit einem gewissen Gefühl der Unverletzlichkeit durch die Welt. Uns wird schon nichts Schlimmes passieren. Und ehrlicherweise könnten wir wahrscheinlich nicht leben, wenn wir die ganze Zeit nur darüber nachdenken würden, dass wir verwundbare und sterbliche Wesen sind. Aber was würde mit uns passieren, wenn wir der Vulnerabilität etwas mehr Raum eingestehen in unserem Leben – und damit in unserer Gesellschaft?
Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell das geht. Wie wenige Sekunden liegen können zwischen einem für uns normalen Leben und einem, das aus dem Nichts unsere Anpassung fordert. Das uns vor neue Herausforderungen stellt. Vielleicht auch nur temporär. Verletzungen tun das zum Beispiel. Also Verletzungen, die eine merkliche Einschränkung zur Folge haben. Nora hat gerade so eine Verletzung und nimmt dadurch – wenn auch nur vorübergehend – eine andere Perspektive auf die Welt ein. Gemeinsam mit Rita spürt sie dem Phänomen der Vulnerabilität nach, das natürlich noch weitaus dramatischere Folgen annehmen kann als einen vorübergehend kaputten Fuß.
Wir hatten uns das Thema vorgenommen, bevor Russland die Ukraine überfallen hat. Das Thema wäre auch vorher schon eine Herausforderung gewesen. Jetzt ist es uns mit einem Mal noch näher als viele von uns dachten. Es geht darum, wer arm ist und wer reich. Wie wir Teilhabe ermöglichen können. Und wo wir anfangen müssen umzudenken in einer Welt von endlichen Ressourcen. Unseren Reichtum sehen wir grade an den Grenzen zur Ukraine. In Form von Spenden. Aber auch in Form von Hilfsbereitschaft.
Zwei Dinge vorweg: Wir haben in dieser Folge einen sehr eurozentrischen Blick auf das Thema. Das liegt zum einen daran, dass uns alle gerade die Situation in der Ukraine sehr nah ist. Zum anderen aber auch daran, dass weder Rita noch Nora Expert:innen sind, wenn es um die Folgen von Kolonialisierung und Globalisierung in anderen Teilen der Welt geht.
Nichts weist uns gerade so sehr auf das Thema Armut hin, wie Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Schon wieder stehen Menschen von heute auf morgen vor dem Nichts. Haben nicht mehr als zwei Rucksäcke oder Taschen und ihr nacktes Leben. Was aber anders ist als vorher: Viele von uns müssen sich vor dem Hintergrund der Konsequenzen Gedanken über ihre eigene Zukunft machen. Die Abhängigkeit von Öl und Gas aus Russland führt schon jetzt dazu, dass die Preise steigen. Für die Einen macht sich das am Spritpreis bemerkbar. Für andere sind es die explodierenden Heizkosten. Und während Politiker fordern, man könne jetzt auch mal frieren, um zu helfen, ist das Frieren für andere schon lange Realität, auch hier in Deutschland.
Wir wollen in dieser Folge über Armutsformen sprechen. Darüber, wer besonders von Armut betroffen ist. Wer von Armut in unmittelbarer Zukunft bedroht sein wird und was verdeckte Armut ist. Welche Folgen hat Armut? Und worauf müssen wir uns als Gesellschaft in Zukunft einstellen?
Was steckt eigentlich hinter dem Wort „Ambiguitätstoleranz“? Warum müssen wir das üben und wo hat diese Form der Toleranz auch ihre Grenzen? An zwei aktuellen Beispielen schauen wir auf das Phänomen und seine realen Auswirkungen. Es geht ums Aushalten von Widersprüchlichkeit, leben unter sich ständig wandelnden Bedingungen, aber auch um Leiden und bisweilen auch Zynismus. Denn wir alle dulden Widersprüchlichkeiten, die bei anderen Menschen Leid erzeugen.
Ganz konkret stellt uns der Umgang mit der Pandemie gerade täglich vor eben diese Herausforderung: Ambiguitäten auszuhalten. Wir sehen ständig bei anderen ein Verhalten, das wir persönlich so nicht richtig finden. Gleichzeitig handeln wir aber auch mit uns selber aus, wo wir uns Freiheiten erlauben, obwohl wir wissen, dass es eigentlich besser wäre, das zu lassen. Wir entscheiden das alle hoch individuell. Und das sorgt für Spannungen, aber eben auch die Notwendigkeit, dieses Verhalten bei anderen zu tolerieren. Im Rahmen dessen natürlich, was tolerabel ist. Auch Toleranz hat schließlich ihre Grenzen.
Das andere Beispiel ist die Dokumentation über 100 Menschen, die Teil der katholischen Kirche sind und sich geoutet haben, nicht dem Bild zu entsprechen, das die katholische Kirche nunmal von Menschen hat. Homosexuelle, Trans- und Interpersonen haben unter „Wie Gott uns schuf“ von ihrem Leid erzählt, innerhalb der Religionsgemeinschaft anders zu sein als das von ihnen erwartet wird. #ComingOutInChurch zeigt deutlich, wie leidensfähig Menschen sind, wenn es um Ambiguität geht. Und das ist erst einmal eine Phänomenbeschreibung. Denn natürlich ist das im Ergebnis eben nicht gut.
Und wenn wir auf das Leid schauen, das durch Amts- und Würdenträger:innen der katholischen Kirche in der Welt verbreitet wurde und wird, dann kommen wir auch schnell in den Bereich des Zynismus, wenn von „Ambiguitätstoleranz“ die Rede ist. Gar nicht so einfach, das alles in seiner Komplexität zu verbalisieren. Wir versuchen es trotzdem.
Wie Gott uns schuf – Coming out in der katholischen Kirche: Ein Film von Hajo Seppelt, Katharina Kühn, Peter Wozny, Marc Rosenthal. ARD Mediathek.
Die Philosophin Svenja Flaßpöhler hat ein Buch über Sensibilität geschrieben und trifft damit einen Nerv. Aber wessen Nerv genau? Und führt die Debatte über Sensibilität zum Kern des Themas?
Zumindest im Gespräch mit Richard David Precht unter dem Titel „Sensibilisieren wir uns zu Tode?“ geht die Debatte am Thema vorbei, findet Nora. Und auch in den sozialen Netzwerken hat es heftige Diskussionen zum Thema gegeben. Wir versuchen, die Debatte ein bisschen auszuleuchten. Welches gesellschaftliche Phänomen soll hier beleuchtet werden? Und wessen Perspektive und Erfahrungen werden hier für die Analyse zugrunde gelegt?
P.S. Ihr müsst die Sendung nicht gesehen haben, um dem Gespräch folgen zu können. Falls ihr die Sendung dennoch sehen möchtet, haben wir sie in den Shownotes für euch verlinkt.
Menschen, die sich sportlich betätigen, haben häufig auch Ziele. Sie wollen sich verbessern, stärker, schneller, schlanker, muskulöser werden. Dafür loten sie die Grenzen ihres Körpers aus – und verschieben sie. Schmerzen gehören irgendwie dazu. Egal ob Muskelkater oder kleine und große Verletzungen. Das sind Grenzerfahrungen, aber eben selbstgewählte. Wir suchen in dieser Folge ein Vokabular für den Grenzbereich des sporttreibenden Körpers – und Geistes natürlich.
Das große Tabu wackelt – Sexualisierte Gewalt im Sport. Sport Inside Podcast. WDR 2021.
Es gibt diese Momente im Leben, da stehen wir fassungslos vor’m Weltgeschehen und denken: Werden wir Menschen es denn nie lernen? Warum müssen wir die selben Fehler immer und immer wieder machen? Aber bevor wir vollends in Verzweiflung stürzen, schauen wir uns lieber das Phänomen der Wiederholung mal genauer an.
Denn Wiederholung in Form von Routinen und Tradition ist nicht per se gut oder schlecht. So kann Wiederholung uns das Gefühl von Vertrautheit und Sicherheit geben. Routinen schaffen eine stabile Basis für Entwicklungen und helfen uns, bei Entscheidungen nicht immer wieder bei Null anfangen zu müssen. Auf der anderen Seite kann Wiederholung auch extrem nerven und einengen. Die alles entscheidende Frage dazu stellt – guess who – richtig: Nietzsche.